Meet our experts: Nicole Ribeiro Pereira // Claims Management

Nicole Ribeiro Pereira ist seit August 2024 Director Claims Management bei Delvag. Im Interview erzählt die Syndikusrechtsanwältin gemeinsam mit ihrer Mentorin Dr. Borbála Dux-Wenzel, Rechtsanwältin und Partnerin bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft, von ihrer gemeinsamen Teilnahme am Cross-Mentoring des Kölner Netzwerks „MIT FRAUEN IN FÜHRUNG“, Nicoles erster Führungserfahrung in Corona-Zeiten und ihrer neuen Rolle als Leiterin des Schadenbereichs.

 

Interview / 01.09.2024

Dr. Borbála Dux-Wenzel und Nicole Ribeiro Pereira

Nicole, seit 1. August leitest du den Schadenbereich von Delvag. Herzlichen Glückwunsch zu deiner neuen Position! Seit deinem Start sind es nun erst wenige Wochen. Kannst du uns trotzdem schon sagen, was du dir für deine neue Rolle und die Entwicklung des Bereichs vorgenommen hast?
Auf dem Weg zum datengetriebenen Unternehmen stehen für uns im Schadenbereich Themen wie Digitale Transformation und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz stark im Fokus. Diese Aspekte inspirieren uns zu neuen Ideen und zahlen langfristig auf eine verbesserte Customer Journey ein.

Mich treibt aber noch eine ganz andere Perspektive an: Der Schadenbereich nimmt oftmals eine rein nachgelagerte Funktion, nämlich im Rahmen der Schadenregulierung ein. Über diese Rolle hinaus zu gehen habe ich mir fest vorgenommen: Vielmehr kann der Schadenbereich eine aktive Rolle bereits bei der Entwicklung von Produkten und der Schadenprävention einnehmen. Das Stichwort lautet hier vom „Payer zum Player“ - also eine Schadenabteilung, die eine aktive Steuerung der eigenen Rolle übernimmt.

In deine erste Führungsrolle als Head of Cargo Claims bei Delvag bist du 2020, also mitten während der Corona-Pandemie, gestartet. Das war sicher eine besondere Herausforderung. Wie hast du die Situation erlebt und konntest du auch Positives für deine Entwicklung daraus ziehen?
Das war in jeglicher Hinsicht spannend. Es hätte wohl kaum ein dynamischeres und gleichzeitig „verlangsamenderes“ Umfeld geben können. Insbesondere hat es mich aber anfangs daran gehindert, mein Team vor Ort „kennenzulernen“. Gerade weil bei Delvag mit der Einführung von Microsoft Teams und Co. schnell auf digitale Lösungen umgestiegen wurde, hat sich dann aber doch schnell das nötige Miteinander eingestellt.

Außerdem ergab sich aus der Situation auch sehr viel Positives. Insbesondere die Selbstverständlichkeit, dass Teams auf Dauer auch virtuell ganz wundervoll zusammenarbeiten können. Das musste ich nicht erst mühsam erlernen. Für mich gibt es da keine Limits im Kopf und das ist auf dem aktuellen Arbeitsmarkt wirklich ein Vorteil. Ich bin daher sehr dankbar für diesen ungewöhnlichen Start.

Und welche allgemeinen Herausforderungen gibt es aus deiner Sicht als Führungskraft? Wie gehst du damit um?
Jeden Tag präsent zu sein, zu motivieren, improvisieren, pragmatisch und dabei authentisch zu bleiben... Und das sind nur die Anforderungen an die tägliche interne Teamarbeit. Man übernimmt ja zusätzlich viele weitere Rollen mit „externem Fokus“ und muss dabei immer möglichst die Zukunft und Weiterentwicklungen des Bereichs im Auge behalten. Aber im besten Falle trägt das Team all diese Herausforderungen ein Stück weit gemeinsam. Und dann fühlt sich all das gar nicht so herausfordernd an.

Vor meinem Einstieg in die erste Führungsposition vor einigen Jahren habe ich mir außerdem 25 Aspekte aufgeschrieben, die für mich persönlich die „perfekte Führungskraft“ ausmachen und mir vorgenommen, davon jeden Tag zumindest fünf zu erfüllen. Anfangs habe ich das auch noch täglich überprüft. Das schaffe ich nun zwar nicht mehr, aber so verinnerlicht man ein Stück weit die persönlichen Anforderungen und betrachtet sich selbst aus verschiedenen Blickwinkeln. Häufig schaue ich auch im Nachgang einer Situation auf diese Auflistung und hinterfrage mich. Das hilft mir sehr.

Nicole, von 2022 bis 2023 hast du am Cross-Mentoring des Kölner Netzwerks „MIT FRAUEN IN FÜHRUNG“ teilgenommen. Deine Mentorin war Dr. Borbála Dux-Wenzel von der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft. Wir würden gerne mehr über das Mentoring-Programm und eure gemeinsame Zeit dort erfahren. Deshalb haben wir heute auch Borbála eingeladen – schön, dass du da bist!
Stell dich gerne mal kurz vor.

Borbála: Seit 12 Jahren bin ich Rechtsanwältin und inzwischen Partnerin bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft in Köln. Ich bin im Bereich Complex Disputes, also in der Prozessführung, tätig. Wir führen komplexe Prozesse mit einem hohen Streitwert, einer großen Menge an Verfahren, Verfahren mit internationalem Bezug (grenzüberschreitende Streitigkeiten) und auch Schiedsverfahren. 

Ich habe zwei Kinder und bin verheiratet.

Was hat euch beide besonders zusammengeschweißt?
Nicole: Eine Besonderheit beim Cross-Mentoring war, dass wir beide zu dieser Zeit schwanger waren. Das hat uns sehr miteinander verbunden. Und natürlich sind wir beide Rechtsanwältinnen und in einem ähnlichen Alter.

Auch wenn das Cross-Mentoring schon eine ganze Weile vorbei ist, treffen wir uns immer noch.

Was hat euch zur Teilnahme an dem Programm bewegt?
Nicole: Ich wurde angesprochen, ob ich bei MIT FRAUEN IN FÜHRUNG teilnehmen möchte. Parallel habe ich mir auch selbst die Frage gestellt, ob ich mich bewerben soll, denn ich wusste zu dieser Zeit schon, dass ich schwanger bin. Ich habe mich gefragt: „Passt das dann? Ist das zeitlich machbar?“. Dann habe ich mir aber einen Ruck gegeben, denn genau darum geht es doch bei einem solchen Programm – „Female Empowerment“ und eine Karriere auch mit Familie zu ermöglichen. Ich habe daher beschlossen, dass es der falsche Beweggrund gewesen wäre, nicht an dem Programm teilzunehmen und habe mich schließlich beworben.

Borbála: Ich wurde auch von unserem Kölner Location Head angesprochen. Er war im Jahrgang vor mir Mentor bei MIT FRAUEN IN FÜHRUNG. Insgesamt haben wir als Luther Rechtsanwaltsgesellschaft bei der Ausgabe 2022 / 2023 zum dritten Mal an dem Cross-Mentoring-Programm teilgenommen.

Da ich 2021 zu den Mitbegründerinnen des Luther-Female Networks gehörte, war ich natürlich an den Themen Frauenförderung und Mentoring interessiert. Intern haben wir zu dieser Zeit parallel überlegt, ob wir ein Mentoring aufsetzen sollten. Vor diesem Hintergrund war ich sehr froh, dass ich gefragt wurde, ob ich als Mentorin bei MIT FRAUEN IN FÜHRUNG mitmachen möchte. Ich wollte Erfahrungen sammeln in Sachen Frauenförderung und Mentoring – gerade im immer noch Männer-dominierten Anwaltsberuf finde ich diese Themen sehr wichtig.

Außerdem wollte ich gerne Kontakte in der Kölner Unternehmenswelt knüpfen und nutzen, denn als Kanzlei mit Hauptsitz in Köln ist uns, trotz unserer internationalen Ausrichtung, die lokale Verankerung sehr wichtig.

Wurden eure Erwartungen an das Programm erfüllt?
Nicole: Aus meiner Sicht kann man bei MIT FRAUEN IN FÜHRUNG sehr viel lernen. Ich habe mir von dem Programm versprochen, zu wachsen, viel für mich selbst mitzunehmen und viele verschiedene Aspekte von Führung kennenzulernen. Denn es gibt wahrscheinlich kaum eine andere Möglichkeit, so viel von einer unternehmensfremden Person – in unserem Fall sogar des gleichen Fachgebiets - zu lernen. Bei den zahlreichen Workshops während des Mentoring-Programms hat man außerdem viel über sich selbst gelernt. Und natürlich konnte man sich ein sehr großes Netzwerk aufbauen. 

Borbála: Auch meine Erwartungen wurden übererfüllt. Dadurch, dass wir zu dieser Zeit beide schwanger waren, sind wir noch stärker zusammengewachsen. Außerdem hatte ich da bereits ein kleines Kind. Mein Sohn war gerade drei Jahre alt. Und Nicole und ich hatten dann natürlich direkt das gemeinsame Thema: „Working Mom“ und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das war zwar vorher nicht absehbar, aber es hat mich sehr gefreut.

Auch unser Altersabstand ist nicht sehr groß. Deshalb hatte ich anfangs etwas Sorge, ob ich Nicole überhaupt etwas mitgeben kann, aber wir waren sehr auf Augenhöhe. Ich konnte meine Erfahrungen mit ihr teilen und habe auch sehr viel von Nicole gelernt. 

Nicole: Die Weiterentwicklung im Sinne des Cross-Mentoring-Gedankens bedeuten auch nicht immer nur den Aufstieg in eine höhere Karrierestufe. Dazu gehören auch Gehaltsverhandlungen oder auch die persönliche Erkenntnis, dass man nicht unbedingt in eine Führungsposition möchte, nachdem man mehr über Führung und sich selbst gelernt hat. Es gibt viele Möglichkeiten, nach dem Programm einen nächsten Schritt zu machen.

Borbála, du hast bereits erzählt, dass es bei euch ein internes Frauennetzwerk gibt. Kannst du uns etwas darüber erzählen?
Borbála: Im zweiten Corona-Lockdown Ende 2020 / Anfang 2021 haben wir aus der Not heraus mit einigen Frauen aus dem Bereich Complex Disputes in Köln überlegt, wie wir uns wieder vernetzen können. Denn zu dieser Zeit gab es ja keine Events, keine Konferenzen, keine Kanzleipartys. Diese Gelegenheiten sind aber sehr wichtig, gerade für Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen, denn hier knüpft man wichtige Kontakte, die man für den Arbeitsalltag benötigt. Ein fachlicher Austausch ist unter Anwälten sehr wichtig. Und es unterstützt natürlich ein Zugehörigkeitsgefühl und die Motivation der Kollegen.

Mit der Gründung des Frauennetzwerks haben wir einen Fokus auf die Vernetzung und den Austausch unserer weiblichen Kollegen gelegt. Anfangs lief das alles online. Wir haben bei den Veranstaltungen die Kanzlei Luther und die Industriegruppen, die wir betreuen, vorgestellt. Dabei haben auch die männlichen Partner aus unserer Kanzlei mitgewirkt.

Außerdem gab es virtuelle Speed-Dating Lunches, wo wir uns mit Kolleginnen deutschlandweit verbunden und ausgetauscht haben. Dabei ging es auch oft um das Thema „Kompatibilität von Beruf und Familie“. Danach haben wir das Netzwerk immer weiter für Themen geöffnet. Nicole war zum Beispiel bei einer Session als Gastrednerin dabei, bei der wir das Cross-Mentoring und unser Tandem vorgestellt haben. Außerdem gab es einen Talk mit Expertinnen zum Thema „Legal Tech“ und „Legal Innovation“, denn auf den ersten Blick mag das ein sehr männer-dominiertes Feld sein, doch man hat gesehen, wie viele Frauen in diesem Bereich tätig sind und von ihren Erfahrungen berichten konnten.

Inzwischen ist unser internes Frauennetzwerk auch international über ein Kanzleien-Netzwerk, dem Luther angehört, vernetzt.

Wie ging es für euch beide nach MIT FRAUEN IN FÜHRUNG weiter? Was nehmt ihr für euch persönlich mit?
Nicole: Zwei Kinder und eine langfristige Vertraute.

Borbála: Wir sind immer noch in Kontakt, verabreden Spieletreffen für unsere Kinder und treffen uns regelmäßig persönlich.
 

Vielen Dank für das Gespräch.

Über Nicole Ribeiro Pereira
Nicole Ribeiro Pereira ist seit Anfang 2020 bei Delvag tätig, zunächst als Head of Cargo Claims. Seit 1. August 2024 leitet sie den Schadenbereich. Nach ihrem Abschluss als Syndikusanwältin und ihrem berufsbegleitenden Abschluss in Wirtschaftsrecht an den Universitäten Köln und Düsseldorf begann Nicole 2016 ihre Karriere zunächst im Konzernjustitiariat der Lufthansa. Ihre Freizeit verbringt Nicole am liebsten mit Reisen, Lesen, Zumba oder Jumping-Fitness – und seit Ende 2022 allen voran mit ihrem Sohn, der sie oft gekonnt von ihren Hobbys abhält. 

 

Von Inga Stöver
Unternehmenskommunikation Delvag
kommunikation@delvag.de