Meet our experts: Vanessa Tomik // Transportwarenversicherung

Vanessa Tomik, Underwriterin Transportversicherung bei Delvag, spricht im Interview über die allgemeine Situation in der Branche und den Einfluss der Corona-Pandemie.

Interview // 08.11.2021

In unserer Serie „Meet our experts“ stellen wir Ihnen regelmäßig unsere Expert:innen aus allen Bereichen der Delvag Gruppe vor. Vanessa Tomik, Underwriterin Transportversicherung bei Delvag, spricht im Interview über die allgemeine Situation in der Branche und den Einfluss der Corona-Pandemie. Zudem verrät sie anhand einiger außergewöhnlicher Beispiele, warum man nach Feierabend zwar den PC abschalten kann, einem die Versicherungsthemen aber auch im Alltag immer wieder begegnen.

Frau Tomik, können Sie für uns einmal zusammenfassen, welche Risiken von Delvag in der Transportversicherung abgesichert werden?

Ganz allgemein gesprochen wollen wir bei Delvag unseren Kunden ein umfassendes Risikomanagement in Transport- und Logistikfragen anbieten. Im Zentrum der von uns gezeichneten Risiken steht dabei seit jeher die Luftfracht. Langjährige Erfahrung besteht darüber hinaus bei der Versicherung von Seefracht und auf dem Gebiet des Diamant- und Schmuckhandels („Jewellers’ Block“) sowie des Transports von Banknoten und anderer Wertfracht. Dabei wollen wir aber nicht einfach nur jedes Risiko versichern – das wäre weder in unserem Sinne, noch im Sinne unserer Kunden. Daher bieten wir im Rahmen des „Transport-Risk-Managements“ einen Beratungsservice, der sowohl die warenspezifische Risikoanalyse als auch die Verpackungsberatung sowie die logistische Feinplanung inklusive der Transportüberwachung umfasst.

Stichwort Luftfracht: Unsere Muttergesellschaft Lufthansa versorgen wir natürlich auch mit jeglichen Deckungen und Know-How, die sie im Transportbereich benötigt. Angefangen mit internen Transporten, über sensible Triebwerkstransporte und Lagerung von Flugzeugersatzteilen bis hin zu allerlei Sonderkonstrukten und Risikoanalysen, bieten wir als Captive-Versicherer hier einen Rundum-Service.

Seit nun fast vier Jahren sind wir zudem im Assekuradeurs-Geschäft aktiv und dadurch neben unseren Spezialdeckungen auch im klassischen Transportwarengeschäft unterwegs. Zum einen konnten wir dadurch natürlich eine breitere Produktpalette aufbauen und in neue Risiken eintauchen. Zum anderen war es möglich, bereits bestehende Geschäftsbeziehungen weiter auszubauen und neue vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen dazu zu gewinnen.

Wie hat sich denn der Markt in der Transportversicherung durch die Corona-Pandemie verändert?

Die Transportversicherung war und ist auch während der Pandemie von großer Bedeutung. Ich denke, dass die Transportversicherung relativ schnell lernen musste mit dem neuen Risiko umzugehen. Welche neuen Schadenszenarien können eintreten und wie können diese halbwegs kalkulierbar gemacht werden? Aufgrund der Begehrlichkeit der Güter mussten die Masken und andere medizinische Waren schon regelrecht als Wertfracht behandelt werden.

Die meisten Transportpolicen beruhen auf einer Allgefahrendeckung. So gab es natürlich Überlegungen, ob man sich diese Ungewissheit als Transportversicherer weiter leisten kann und möchte. Eine Maßnahme, um das neue unbekannte Risiko ein wenig kalkulierbarer zu machen, war die Limitierung von Verspätungsschäden, falls nicht ohnehin schon vorhanden. Auch der GDV hat sich mit dem Thema Pandemie auseinandergesetzt und so z. B. eine unverbindliche Pandemie-Ausschlussklausel veröffentlicht. Welche Maßnahmen weiterhin erforderlich sein werden, werden wir durch die Praxis erlernen müssen.

Aber es gibt ja noch viele andere Einflussfaktoren, wenn man nur an das Beispiel der havarierten „Ever Given“ im Suez Kanal Anfang dieses Jahres zurückdenkt oder an die Flutkatastrophe vor wenigen Monaten. Solche Ereignisse können - ganz unabhängig von der aktuellen Pandemie – immer auftreten.

In Ihrem Spezialgebiet der Transport-Warenversicherung – können Sie uns konkret sagen, mit welchen Kunden und Risiken Sie es da tagtäglich zu tun haben?

Dabei kann es sich so ziemlich um jeden handeln, der ein Interesse daran hat, dass seine oder fremde Ware unbeschadet bleibt. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Spediteure und Frachtführer. Da die Transportversicherung bekanntlich sehr vielfältig ist, können sich unter den Kunden aber auch exotischere Kunden wie Einzel- und Großhändler jeglicher Art, Meeresbiologen, Autohersteller, Paketdienstleister, Thunfischzüchter u. v. m befinden.

Bei vielen Kundenarten mag sich einem der Deckungsschutz sofort erschließen. Bei anderen muss man wiederum lernen, dass der Begriff Transport bzw. Lagerung dehnbar ist. So muss eine Lagerung bspw. nicht zwingend an Land auf festem Boden stattfinden, sondern eventuell auch im Wasser.

Das klingt spannend! Gibt es denn auch Momente, in denen Ihnen in Ihrem Alltag berufliche Themen begegnen?

Diese Momente sind durch die Warenversicherungen enorm gestiegen. Vorher hat man sich vielleicht mit Juwelieren beschäftigt, die einem dann schon mal in Fußgängerzonen aufgefallen sind. Aber um die Güter aus der Warenversicherung kommt man eben nicht so einfach herum.

Eines Vormittags hatte ich mir zum Beispiel noch Gedanken darüber gemacht, ob und wie man Blaubeeren aus Chile versichern kann. Nachmittags im Supermarkt dachte ich dann nicht mehr nur daran, dass die Blaubeeren immer teurer werden, sondern habe dann doch mal geschaut, aus welchem Land sie kommen und wie gut sie den Transport überstanden haben. Es gab sogar schon hitzige interne Diskussionen über die Verpackung von Zitrusfrüchten, die dazu geführt haben, dass man nach Feierabend im Supermarkt nach der Verpackung schaut und (leider) feststellen muss, dass der Chef Recht hatte.

Da wir seit einigen Jahren zum Beispiel auch Thunfischfarmen in unserem Portfolio zeichnen, hat man auch hierzu einen ganz anderen Bezug entwickelt. Es gibt etliche Berührungspunkte und genau das macht die Transportversicherung für mich so spannend.

Selbst auf der Autobahn kommt man nicht umhin, die Logos und Schriftzüge der versicherten Firmen, Spediteure oder Frachtführer zu entdecken und fragt sich bei der einen oder anderen Verladung, ob das sicherheitstechnisch wirklich so gedacht war.

Kann man sich denn eigentlich auf das Jobprofil der Underwriterin überhaupt richtig vorbereiten, oder wird die Theorie von der Praxis regelmäßig überholt?

Es ist in der Tat nur begrenzt möglich, sich auf die konkreten Herausforderungen im Transportbereich vorzubereiten. Natürlich braucht es ein solides Versicherungs Know-How als Grundlage. Deshalb habe ich mich in den vergangenen Jahren auch immer neben dem Job weitergebildet, so zum Beispiel mit dem staatlich geprüften Betriebswirt oder aktuell dem Transportspezialist (DVA). Aber das Transport-Fachwissen lässt sich in der Berufsschule oder im Studium nun mal nicht komplett erlernen.  Man ist hier sowohl auf hilfsbereite Kolleg:innen und Geschäftspartner, als auch auf das „Learning on the job“ angewiesen. Als ich angefangen habe, da sagte man mir, man bräuchte minimum zwei Jahre Einarbeitungszeit. Man stellt aber auch fest, dass man im Transportbereich nie wirklich auslernt, weil es doch immer wieder Transporte, Warenarten und Konstellationen gibt, die man so vorher noch nicht kannte und die teilweise einfach neu dazu kommen. So zum Beispiel die Corona-Pandemie.

Vielen Dank für das Gespräch.

Über Vanessa Tomik
Vanessa Tomik hat ihre berufliche Laufbahn als Auszubildende zur Kauffrau für Versicherungen und Finanzen bei Delvag im Jahr 2011 begonnen und feierte dieses Jahr ihr 10-jähriges Firmenjubiläum. Seit 2014 ist sie mit wechselnden Verantwortungsgebieten im Marine Underwriting der Delvag tätig und fokussiert sich seit einigen Jahren als zuständige Produktmanagerin speziell auf das Thema „Transportwaren-Versicherung“. Parallel absolviert sie gerade die Weiterbildung zur Transportspezialsitin (DVA). In ihrer Freizeit hat sie seit zwei Jahren das „Plottern“ als neue Leidenschaft entdeckt und arbeitet mit „Jumping-Fitness“ an ihrer Gesundheit.

 

Von Andreas Brodesser
Unternehmenskommunikation Delvag
kommunikation@delvag.de